Prof. Dr. Guido Burkard

Quantencomputer „Made in Germany“

Konstanzer Physiker an den Quantencomputer-Projekten SPINNING und QSolid des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beteiligt

Der Quantencomputer könnte die nächste Evolutionsstufe unserer Informationstechnologie sein. Er hat das Potenzial, Rechenprobleme zu lösen, die für unsere heutigen Spitzenrechner kaum zu bewerkstelligen sind – oder nur nach sehr langen Rechenzeiten. Die Grundrecheneinheiten des Quantencomputer sind die sogenannten Quantenbits, kurz Qubits. Es ist allerdings nach wie vor eine wissenschaftliche Herausforderung, die hochempfindlichen Qubits zu erstellen und miteinander zu verschalten. Der Konstanzer Physiker Prof. Dr. Guido Burkard zählt zu den Forschern, die die Realisierung und Verschaltung von Qubits vorantreiben. Nun beteiligen sich Burkard und sein Team an zwei großen Forschungsverbünden des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, den Projekten SPINNING und QSolid. Beide haben zum Ziel, einen Quantencomputer „Made in Germany“ zu verwirklichen.

Forschungsverbund SPINNING

  • Zur Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik: SPINNING

Im Projekt SPINNING (Diamond spin-photon-based quantum computer) arbeiten nationale Expert*innen aus Wissenschaft und Wirtschaft an einem kompakten, skalierbaren Quantenprozessor, der auf Spin-Qubits in Diamant basiert und sich an herkömmliche Computer anbinden lässt. Im Vergleich zu heutigen Quantencomputern zeichnet sich die geplante Hardware sowohl durch längere Operationszeiten und kleinere Fehlerraten als auch durch einen geringen Kühlbedarf aus. Der geplante Quantenprozessor soll zunächst mit zehn, in der Folge mit 100 Qubits und mehr rechnen können und wäre damit auch in der Lage, die Produkte komplexer quantenchemischer Reaktionen zu prognostizieren.

Die Arbeitsgruppe von Guido Burkard entwickelt im Rahmen von SPINNING neue Methoden, mit welchen mehrere Quantenprozessoren mit wenigen Spin-Qubits in jeweils separaten Diamanten verschaltet werden können. Aus dem so entstehenden Netzwerk kann ein leistungsfähiger Quantencomputer entstehen. Burkards Team forschte in den vergangenen Jahren bereits an Qubit-Grundlagen sowohl auf Basis von Silizium als auch Diamant. „Während die Spin-Qubits in Silizium bereits gut für die Aufskalierung auf eine große Anzahl Qubits aufgestellt sind, besitzen die Diamant-Qubits extrem lang anhaltende Quanteneigenschaften. Wenn einige der Vorteile beider Systeme kombiniert werden können, erwarte ich einen Durchbruch bei der Rechenleistung“, schildert Burkard.

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik koordiniert das Projekt SPINNING, in dem insgesamt 28 Partner – darunter die Arbeitsgruppe von Guido Burkard – zusammenarbeiten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert SPINNING mit 16,1 Millionen Euro.

Forschungsverbund QSolid

  • Zur Pressemitteilung des Forschungszentrums Jülich: QSolid

Ziel des Verbundprojekts QSolid ist der Bau eines kompletten Quantenrechners basierend auf Spitzentechnologie aus Deutschland. Der Fokus liegt dabei auf der Verbesserung der Qualität der Qubits, so dass sie eine geringere Fehlerrate aufweisen. QSolid wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Projektvolumen beträgt 76,3 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre. 25 deutsche Forschungseinrichtungen und Unternehmen arbeiten im Rahmen des Projekts zusammen. QSolid wird vom Forschungszentrum Jülich koordiniert.

Die Fehleranfälligkeit der Qubits gilt als Knackpunkt bei der Quantencomputer-Entwicklung. Die Quantenzustände, die zur Speicherung der Quanteninformation genutzt werden, reagieren äußerst empfindlich auf äußere Einflüsse. Oftmals werden sie gestört, bevor alle Rechenoperationen abgeschlossen sind.

Die Expertise von Guido Burkards Arbeitsgruppe in der Quantenfehlerkorrektur wird in das Projekt QSolid einfließen. Sein Team entwickelt im Rahmen des Projekts Methoden, um Fehler bei Quantenrechnungen zu vermeiden oder ggf. zu detektieren und zu korrigieren. Bei gleichzeitig auftretenden und korrelierten Fehlern auf mehreren Qubits ist die Korrektur besonders schwierig. Dieses Szenario kann auftreten, wenn die Fehler eine gemeinsame Ursache haben, z.B. durch das Eintreffen von hochenergetischer kosmischer Strahlung.

Der QSolid-Quantencomputer soll bereits frühzeitig in die Supercomputer-Infrastruktur am Forschungszentrum Jülich eingebunden werden und über mehrere supraleitende Quantenprozessoren der nächsten Generation verfügen, darunter ein sogenanntes „Moonshot“-System, das klassischen Computern hinsichtlich der Rechenleistung überlegen ist. Ein erster Demonstrator soll ab Mitte 2024 in Betrieb gehen und Tests von Anwendungen sowie Benchmarks für Industriestandards ermöglichen.

Erfolgreiche Vorarbeiten in der Arbeitsgruppe Burkard
In den beiden Projekten vereinigt sich die Expertise der Konstanzer Gruppe einerseits im Bereich von Quanteneffekten in Diamanten, andererseits in der Realisierung von schaltbaren Quantenbits auf Basis von Silizium sowie auf supraleitenden Systemen. Seit über einem Jahrzehnt entwickeln Burkard und seine Gruppe Methoden zur präzisen Charakterisierung und Kontrolle von Defekten in der Kristallstruktur von Diamant. 2017 gelang es seiner Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit der Princeton University und der University of Maryland, ein stabiles „Quantengatter“ für Silizium-Qubits zu erstellen – also ein Schaltsystem für zunächst Zwei-Qubit-Systeme, das alle Grundoperationen des Quantenrechners durchführen konnte.

Faktenübersicht:

  • Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Guido Burkard beteiligt an den Forschungsverbünden SPINNING und QSolid.
  • SPINNING ist ein Verbundprojekt von 28 Partnern und wird koordiniert vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert SPINNING mit 16,1 Millionen Euro.
  • QSolid ist ein Verbundprojekt von 25 Partnern und wird koordiniert vom Forschungszentrum Jülich. QSolid wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Projektvolumen beträgt 76,3 Millionen Euro.